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Definition

1. Magersucht oder Anorexia nervosa

2. Ess-Brech-Sucht oder Bulimie

1. Magersucht oder Anorexia nervosa

Magersüchtige sind auffallend dünn. Sie stehen nicht mehr in Kontakt zu ihrem Körper, wichtig ist ihr Kopf, der kontrolliert und steuert. Der Körper ist ihr Feind, der gierig und bedürftig ist und bekämpft werden muss. Die Kontrolle gibt ihnen das Gefühl, autonom und unabhängig zu sein. Betroffene kochen gern und viel für andere, essen selbst davon jedoch nichts oder täuschen das Essen vor. Magersüchtige kommen meist - von außen gesehen - aus sehr harmonisch erscheinenden Familien und hatten in dieser überbehüteten Atmosphäre keine Chance, sich selbst auszuprobieren und eine eigene Identität zu entwickeln. Im Verlauf der Erkrankung kapseln sich Betroffene immer stärker ab.

Niemand ist ihnen gut genug. Schwarzweißdenken und depressive Verstimmungen machen den Umgang mit ihnen schwer. Dringender Handlungsbedarf für Angehörige und Freunde besteht, wenn Betroffene apathisch reagieren, nur noch mit leiser Stimme sprechen, kraftlos sind und bei dem kleinsten Konflikt mit Weinen reagieren. Dies sind Alarmsignale, die als ersten Schritt einen Arztbesuch nötig machen. Doch: Auffallend schlanke Menschen sind nicht automatisch magersüchtig!

Die Diagnosekriterien für Magersucht sind:

· Gewichtsverlust von 20% vom Ausgangsgewicht innerhalb kurzer Zeit (ca. 3-4 Monate),

· Gewichtsverlust ist selbst herbeigeführt, z. B. durch:

- streng kontrollierte und eingeschränkte Nahrungsaufnahme,

- Vermeidung hochkalorischer Speisen,

- übertriebene körperliche Aktivität,

- selbst induziertes Erbrechen oder Abführen (anfallsartig),

· ständiges übertriebenes gedankliches Kreisen um Nahrung und Figur,

· Perfektionismus,

· Hyperaktivität,

· Körperschemastörungen, d.h. auch bei einem vorhandenen Untergewicht bezeichnen sich Betroffene als »fett«,

· extreme Angst vor Gewichtszunahme,

· fehlende Krankheitseinsicht.

Ein übertriebener Sparsamkeits- und Reinlichkeitssinn sowie Ablehnung jeglicher lustbetonten Betätigung führen häufig zu einer äußerst spartanischen Lebensweise. Die körperlichen Folgeschädigungen sind Absinken des Stoffwechsels, des Pulses, des Blutdrucks und der Körpertemperatur, was zu Müdigkeit, Frieren und Verstopfung führt. Trockene Haut, brüchige Haare zeigen die hormonellen Veränderungen an, die sich auch im Ausbleiben der Menstruation und im Extremfall auch in einer Veränderung der Körperbehaarung äußern. Bei einer Krankheitsdauer von mehreren Jahren kommt es als Folge der hormonellen Veränderungen auch zu Osteoporose. Das Ausbleiben der Menstruation tritt nicht bei einer Hormonbehandlung zur Schwangerschaftsverhütung (Einnahme der Pille) ein. Dies ist dann jedoch kein Beweis dafür, dass keine Magersucht vorliegt.

2. Ess-Brech-Sucht oder Bulimie

Vom äußeren Erscheinungsbild her sind bulimische Frauen/Männer unauffällig, meist schlank. Auch ihr Essverhalten in der Öffentlichkeit ist eher kontrolliert. Nach außen hin funktioniert alles perfekt. Bulimie ist eine schambesetzte und heimliche Ess-Störung. Die Betroffenen ekeln sich vor sich selbst, haben das Gefühl abnorm zu sein. Sie tun alles, um ihre Essanfälle und das danach Folgende ungeschehen zu machen (Erbrechen oder Abführmittelmissbrauch), die Kalorienzufuhr zu verheimlichen. Oft entscheiden sie sich für extreme sportliche Betätigungen, die zwar viele verwundern, jedoch nicht misstra uisch machen. Im fortgeschrittenen Stadium kommt es vermehrt zur sozialen Isolation und depressiven Verstimmungen. Um ihren Heißhungerattacken nachgeben zu können, vernachlässigen Betroffene häufig jegliche Interessen und den Kontakt zu anderen Menschen.

Die Diagnosekriterien für Bulimia nervosa sind:

· mindestens 2 Essattacken pro Woche über 2 Monate, Aufnahme großer Mengen meist leicht verzehrbarer und kalorienreicher Nahrungsmittel,

· das Gefühl, das Essverhalten während der Anfälle nicht unter Kontrolle halten zu können,

· im Anschluss Ungeschehen‑-Machen der Kalorienzufuhr durch selbstinduziertes Erbrechen, Medikamentenmissbrauch (Abführmittel und/oder Entwässerungstabletten) und/oder Diät-/Fastenphasen und/oder übermäßige körperliche Betätigung,

· andauernde übertriebene Beschäftigung mit Figur und Gewicht,

· krankhafte Furcht davor, dick zu werden, scharf definierte sehr niedrige persönliche Gewichtsgrenze.

In der Vorgeschichte von Betroffenen finden sich häufig magersüchtige Phasen. Auch im Verlauf der Bulimie kann es wieder zu Magersucht kommen. Ess-Störungen können sich immer wieder verlagern. Besonders Magersucht und Ess-Brech-Sucht haben fließende Grenzen.

Die körperlichen Folgeschäden der Bulimie sind:

Schwellung der Speicheldrüsen, Zahnschmelzschäden, Speiseröhreneinrisse, Magenwandperforationen sowie Elektrolytenentgleisungen, die zu Nierenschäden und Herzrhythmusstörungen führen. Die Regelblutung kann ausbleiben. Hinzukommen häufig finanzielle Schwierigkeiten, bedingt durch den großen Nahrungsmittelkonsum und Ausgaben für Abführmittel.

Quelle: aus „Ess-Störungen – Leitfaden für Eltern, Angehörige, Partner, Freunde, Lehrer und Kollegen“ herausgegeben von BzgA, 51101 Köln

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